„Die Bürger wollen Europa mitgestalten“: Ulrike Guérot und Günther Bräunig im Gespräch
Ende Mai wählen die EU-Bürger zum neunten Mal direkt das Europäische Parlament. Es wird wohl eine Schicksalwahl für die Gemeinschaft. Zum ersten Mal in der Geschichte des europäischen Einigungsprozesses könnten Europa-Gegner eine signifikante Stimme im Parlament bekommen. Bis zu 30 Prozent, so Prognosen, könnten an die Nationalisten gehen. Damit würden sie in „eine Blockadeposition“ gelangen, sagt die Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot im Gespräch mit dem Vorstandsvorsitzenden der KfW, Günther Bräunig. Ich habe diesen Europa-Wortwechsel in Berlin moderiert und daraus ein Gespräch editiert, das nicht nur die negativen Seiten der derzeitigen Entwicklungen in Europa, sondern auch Ansätze für eine bessere europäische Zukunft beleuchtet. Ein paar kurze Zitate:
Zahlmeister in Europa?
Mehr Geld für Europa, wäre das durchzusetzen? Deutschland gilt bei vielen ja schon als ewiger Zahlmeister der EU.
BRÄUNIG: Hier müssen wir den Bürgern immer wieder erklären, wie sehr die deutsche Wirtschaft vom Euro, den niedrigen Zinsen, dem Binnenmarkt und sogar von der Euro-Krise profitiert hat. Unsere Ökonomen haben das mal berechnet: Pro Jahr haben die deutschen Unternehmen dank Europa, Euro und niedriger Zinsen finanzielle Vorteile in Höhe von 60 Milliarden Euro.
GUÉROT: Diesen Satz muss man dreimal in dicken Lettern schreiben, den können die Deutschen gar nicht oft genug lesen.
Blick in die Zukunft
Schauen wir über die Europawahl hinaus: Wie sieht für Sie die Zukunft Europas aus?
GUÉROT: Wir können das europäische Projekt nicht mehr verhandeln wie früher Helmut Kohl und François Mitterrand, die gesagt haben: Jetzt machen wir mal einen Binnenmarkt. Heute wollen die Bürger gehört werden und Europa mitgestalten. Darauf muss das europäische System reagieren.
BRÄUNIG: Solange die Bürger sich nicht stärker beteiligen, vor allem an den Wahlen, können sie aber auch nicht erwarten, dass dieses Parlament mehr Rechte und Eingriffsmöglichkeiten bekommt.
Quelle:
Das Gespräch ist im KfW-Magazin „Chancen“ (Mai 2019) erschienen und kann auch gerne online gelesen werden.
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