Die Sache mit den Ewigkeitsaufgaben

Für mich als Kind des Ruhrgebiets ist dieses Thema quasi ein Heimspiel: Was sind eigentlich die Ewigkeitsaufgaben des deutschen Steinkohlebergbaus? Was passiert da? Zum Beispiel bei der Grubenwasserhaltung. Kann man da nicht einfach einen Deckel drauf machen, und gut ist?

Hl. Barbara

Hl. Barbara auf Zeche Carolinenglück

Um den neuesten Stand der Technik einmal zu sehen, bin ich mal wieder ins Ruhrgebiet gefahren. In Bochum habe ich mir mit den Spezialisten der RAG das ehemalige Bergwerk Carolinenglück (schöner Name, oder?) angesehen. Dort findet man schon eine neue Generation an Pumpen, wie sie nach dem Ende des Steinkohlebergbaus Ende 2018 überall im Ruhrgebiet zur Grubenwasserhaltung installiert werden. Es sind Tauchpumpen, die in ehemalige Schächte gehängt werden. Sie sollen dafür sorgen, dass das Tiefenwasser kontrolliert steigt, wenn die Stollen langsam geflutet werden.

Wasserhaltung, warum?

Für die nicht-Ruhrgebietler: Um unter Tage Kohle fördern zu können, muss dort entwässert werden. Dafür haben die Bergwerke über die Jahrhunderte eine komplexe Infrastruktur aufgebaut. Ganz unten in den Bergwerken standen riesige Pumpen, die das Wasser an die Oberfläche brachten, wo es über Ruhr und Emscher abgeführt wurde. Die Kohleschichten senken sich Richtung Norden immer weiter ab, so dass zuletzt auf 1200 Meter Tiefe abgebaut wurde. Das kann man nicht vor Ort abpumpen, dafür benötigt man ein ganzes Netz von Wasserhaltungsstandorten im Ruhrgebiet. Wenn die Zeche Prosper in Bottrop Ende 2018 schließt, beginnt eine neue Zeitrechnung der Wasserhaltung. Das Tiefenwasser kann wieder steigen, soll aber aber auf etwa 400 Meter gestoppt werden, um es vom Grundwasser (Trinkwasser) fernzuhalten. Dafür gibt es dann die neuen Tauchpumpen.

Ewigkeitsaufgaben

Die Kontrolle des Tiefenwassers ist eine von drei Ewigkeitsaufgaben. Bei den anderen beiden geht um die Reinigung dauerhaft verschmutzter Grundwasserbereiche und um die Entwässerung des Ruhrgebiets, das ja durch den Abbau der Kohleschichten abgesackt ist und ansonsten einfach voll Wasser laufen würde (siehe unten).

Der Text erschien im Geschäftsbericht 2016 der RAG-Stiftung:

Pumpen für den Pott. RAG-Stiftung Geschäftsbericht 2016

Ewigkeitsaufgaben: Pumpen für den Pott. RAG-Stiftung Geschäftsbericht 2016

 

Unter Tage auf Zeche Zollverein

Bereits für den Geschäftsbericht 2015 war ich übrigens auf der untersten Sohle der Zeche Zollverein in Essen unterwegs, um ein Bild von dem „alten“ System zu bekommen. Auf 950 Metern Tiefe werkeln da massive Pumpen und heben enorme Wassermassen. Noch. Denn nicht mehr lange, und da unten ist alles voller Wasser. Auch hier wird es dann nur noch die Tauchpumpen geben, die von über Tage bedient werden.

Zeche Zollverein.

Zeche Zollverein

Was Experten dazu sagen

Ach ja, und für den Geschäftsbericht 2014 der RAG-Stiftung habe ich Prof. Dr. Christian Melchers von der TFH Georg Agricola in Bochum interviewt. Der Professor für Geoingenieurwesen und Nachbergbau hat sehr genau erklärt, was die Ewigkeitsaufgaben sind – und warum sie ewig sind und nicht irgendwann aufhören.

 

Interview Prof. Dr. Christian Melchers

Interview Prof. Dr. Christian Melchers

Poldermaßnahmen im Ruhrgebiet: das große Pumpen

Nachtrag: Für den Geschäftsbericht 2017 habe ich das Boye-Pumpwerk an der Bottrop-Essener Stadtgrenze besucht. Hier befindet sich eines der größten Pumpwerke der Emschergenossenschaft, die u. a. dafür zuständig ist, dass das Ruhrgebiet nicht voll Wasser läuft. Die sogenannten Poldermaßnahmen sind die zweite der drei Ewigkeitsaufgaben. Das Boye-Pumpwerk nimmt das Wasser des größten Emscherzuflusses Boye und hebt es 15 Meter in die Höhe. So groß ist die Dfferenz, die heute zwischen dem abgesackten Boye-Flussbett und der immer wieder angehobenen Emscher existiert. Von der Emscher aus kann das Wasser dann wieder von alleine Richtung Rhein fließen.

RAG Stiftung GB 2017: Ewigkeitsaufgabe Poldermaßnahmen

RAG Stiftung GB 2017: Ewigkeitsaufgabe Poldermaßnahmen

Zum Schluss noch ein paar Links zum Thema:

Verantwortlich für die Finanzierung der Ewigkeitsaufgaben ist die eigens dafür geschaffene RAG Stiftung. Aus ihrem Vermögen sollen alle Maßnahmen bezahlt werden. Das Konzept dieser Stiftung entlastet die öffentlichen Haushalte, es werden also keine Steuergelder für die Ewigkeitsaufgaben aufgewendet. Die jährlichen Kosten für die Ewigkeitsaufgaben werden übrigens auf 220 Mio. Euro geschätzt.

Vor allem die sogenannten Poldermaßnahmen, aber auch der Umbau des Emschersystems werden von der Emschergenossenschaft durchgeführt, die seit über hundert Jahren das Wassermanagement der Region erledigt.

Die Grubenwasserhaltung gehört zu den Aufgaben, die weiterhin von der RAG erledigt werden.

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